Im so genannten "Hafnerhaus", einem Renaissancebau aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts mit wunderschönen
Pfeilerarkaden im Hof und zwei gotischen Erkern, verbrachte Ludwig van Beethoven die Sommermonate der Jahre
1818 und 1819. Der Aufenthalt im Jahr 1818 ist für dieses Haus allerdings nicht eindeutig erwiesen. Beethoven
war von der romantischen, abwechslungsreichen Landschaft um Mödling angetan und nahm trotz
umfangreichem Gepäck die damals zweifellos beschwerliche Umsiedlung aus Wien mittels vierspännigen
Fuhrwerks auf holprigen Landstrassen in Kauf. Auch die Mödlinger Heilquelle, die erst 1815 im "Eisen-Mineralbad"
erschlossen worden war, dürfte Beethoven geschätzt haben. Im Mödlinger Hafnerhaus arbeitete er an der
Hammerklaviersonate in B-Dur, Op. 106, an den Diabellivariationen Op. 120, den Mödlinger Tänzen und an einem
seiner Hauptwerke, der feierlichen Messe "Missa Solemnis", Op. 123.
Der Innenhof des "Beethovenhauses" ist mit schönen Arkaden ausgestattet. Hier hielt sich Beethoven im Sommer
der Jahre 1818 und 1819 auf. In jenen drei Räumen des ersten Stockes, die Beethoven bewohnte, wurde 1970
unter Prof. Walter Szmolyan und Prof. Karl Matzner zum Gedenken an den 200. Geburtstag des großen
Komponisten eine Gedenkstätte eingerichtet. Jahrelang spiegelte eine schlichte Einrichtung mit zeitgenössischen
Möbeln und die gewölbte Decke der Räumlichkeiten die Atmosphäre jener Tage wider, als der große Meister hier
wohnte. 1996/96 wurde durch den Künstler und Bühnenbildner Leo Tichat ein Raum als Wohn- und Arbeitsraum
Beethovens so eingerichtet, als ob der Künstler gerade auf wenige Minuten den Raum verlassen hätte.
Die Beethoven-Gedenkstätte im Hafnerhaus bietet einen Blick in das Arbeits- und Wohnzimmer des Komponisten.
Verschiedene Bilder, Fotografien und Reproduktionen geben Auskunft über Beethoven und seine Zeit in Mödling,
die Faksimiles dreier Briefe Beethovens sind ausgestellt.
Eines dieser Schriftstücke ist lokalhistorisch von besonderem Interesse: Beethoven, von dem man weis, dass er
sich gerne in Mödling ein Haus gekauft hätte, interessiert sich in diesem Brief an den Mödlinger Johann Speer, den
Besitzer des Mödlinger Christhofes in der Achsenaugasse 6, für die Bedingungen zum Verkauf dieses Hauses –
angeblich für einen Freund. Bedenkt man, dass Beethoven dieses Haus möglicherweise 1819 selbst gerne
ersteigert hätte und im Sommer 1820 dort wohnte, so ist nicht von der Hand zu weisen, dass er selbst der Käufer
sein sollte.
Ein markantes Ausstellungsstück ist ein Hammerflügel aus der anerkannten Wiener Firma Carl Stein, hergestellt in
den späten 30er Jahren des 19. Jahrhunderts. Da Beethoven 1827 starb, hat er also nie auf diesem Klavier gespielt,
es stammt aber doch von einem Klavierbauer, zu dem Beethoven Kontakt hatte. Das Instrument weist einige
Besonderheiten auf, die dem gehörleidenden Beethoven auf den Leib geschneidert worden sein könnten. Es hat
einen vergleichsweise massiven und wuchtigen Korpus, um mehr Klangfülle zu erzeugen. Auch die Saiten sind
dicker und stärker gespannt, im Bassbereich sogar umwickelt, was ein lauteres, dynamisch abwechslungsreicheres
Spiel ermöglicht, welches Beethoven zu verwirklichen suchte. Besonders auffallend ist ein zusätzlicher
Klangdeckel direkt über den Saiten, der wahrscheinlich mit einem eigenen Pedal zu bedienen war; er ist
verschollen, diente aber auch zur Verstärkung des Klanges.
Die Mödlinger Gedenkstätte in dem stimmungsvollen "Beethovenhaus" ist besonders für viele musikbegeisterte
Touristen aus aller Welt ein Anziehungspunkt; viele kommen nur deswegen nach Mödling. Das Wirken Beethovens
in Mödling wurde auch in mehrere Filmdokumentationen aufgenommen; die Mödlinger Gedenkstätte war Drehort
französischer und japanischer Filmproduktionen.